Endlich Frühling. Ich treffe mich mit einer „guten alten“ Freundin im Brauhaus Lemke am Schloss Charlottenburg in Berlin. Lange Zeit ist vergangen, seit ich sie zuletzt gesehen habe. Das war noch zu Studienzeiten, falls ich mich recht entsinne. Sie ist schlank geworden, trägt einen dunkelblauen Minirock und beige Sneaker. Die kurzen, strohblonden Haare sind geblieben. Insgesamt sieht Susanne sehr zufrieden und glücklich aus. Mir schwant da doch was. Nachtigall, ick hör Dir trapsen ...
Auf meine – eigentlich total überflüssige – Frage hin, wie es ihr denn so ginge, strahlt sie bis über beide Ohren. Ein Honigkuchenpferd würde vor Neid erblassen und vielleicht sogar umfallen. „Anja, ich bin total verknallt!“ Sie verschränkt die Hände kraftvoll ineinander und grinst mich an. Darauf einen großen Schluck hausgebrautes Bier. Ich freue mich sehr für sie. Verliebt sein ist was Schönes. Meine letzte Verliebtheit resultierte immerhin in einer Ehe ... hach. Aber das ist eine andere Geschichte. Jetzt ist meine Freundin dran.
Ich frage mich, warum man das eigentlich so sagt: "verknallt sein". Knallt man da mit seinem Traummann/seiner Traumfrau zusammen? Ich halte Ausschau nach blauen Flecken bei meiner Freundin. Sie schaut mich fragend an. Ich erkläre ihr kurz meine Gedanken. Sie lacht laut – und weiß auch nicht, warum man "verknallt" sagt. Wir widmen uns wieder dem aufregendsten Thema in ihrem derzeit rosaroten Leben: dem Verknalltsein.
Zu Hause recherchiere ich sogleich: "Verknallt" steht angeblich für "verschossen". Quasi wie bei einer verschossenen Patrone, die man jetzt nicht mehr verwenden kann. Wer verknallt ist, ist sozusagen aus dem Rennen. Ich finde das eine sehr plausible und zufriedenstellende Erklärung. Und wünsche meiner Freundin, dass sie noch ganz, ganz lange aus dem Rennen ist. Vielleicht ja sogar für immer.