Nie länger als vier Monate an einem Ort, unterwegs nur mit einem Rucksack - ein Leben, das viele neidisch macht. Melissa hat sich getraut und lebt ihren Traum. Abseits vom Alltag macht sie einfach genau das, wovor die meisten Mach-doch-was-Vernünftiges-Eltern ihre Kinder warnen würden.
``Ich bin ein Individualist...``
Schon während des Abiturs war Melissa klar, dass sie als Studentin möglichst viel Zeit im Ausland verbringen möchte. Bereits im dritten Semester ging es für sie nach Südkorea, genauer gesagt nach Seoul. Aber das Auslandssemester reichte der 25-Jährigen nicht. Sie ging in die Verlängerung und erkundete noch weitere Teile des Landes. Schließlich verlor sie ihr Herz an die Inseln Indonesiens.
Nach ihrem Studium in Südkorea kehrte Melissa immer wieder zu ihrer "Reise-Muse" zurück. Sie lernte viel über sich und ihre Art zu reisen. Melissa bezeichnet sich selbst als Individualistin und möchte bei ihren Erkundungen ungern in die Fußstapfen tausend anderer Backpacker treten. Ihr Ziel ist es, die unberührten Ecken zu finden. Orte, die noch nicht vom Tourismus und seinen Folgen gezeichnet sind. Eben diese Ecken, die in keinem "normalen" Reiseführer zu finden sind.
``Reise wie ein Chamäleon``
Aber was ist so faszinierend an diesem Land, das sich übrigens insgesamt über 17.508 Inseln erstreckt? Für Melissa ist es das Minimalistische, das Ursprüngliche. Das Unmaterialistische, das "nur-bis-heute-Abend-Denken". Das Neue, das irgendwann so vertraut wird. Eben die Natur, die Menschen und die Magie, die dieses Land ausmacht."Reise wie ein Chamäleon", sagte sie einmal und meinte damit, sich an das Land anzupassen, seine Eigenarten lieben zu lernen und vor allem: niemals zu vergleichen!
Um Land und Leute besser zu verstehen, lernte Melissa Indonesisch und empfiehlt das jedem, der vorhat, für längere Zeit dort zu bleiben. Die meisten Einwohner in der Nähe der Touristenregionen können zwar Englisch, aber im Landesinneren kann man sich darauf nicht mehr verlassen. Sie lernte außerdem Tauchen, Surfen und lebte sogar drei Monate in einer indonesischen Fischerfamilie. Mitsamt des täglichen Wahnsinns, also Marktbesuche, Hühner und Schweine, Zeremonien und Opfergaben, Hühnerkämpfe und Gitarrenklänge, genauso wie Nelkenzigaretten und Reiswein.
Aber das ist nicht das einzige Highlight, das Melissa mir verraten hat. Die Liste ihrer Magic-Moments ist unendlich lang. Das sind die Momente, die sie nie vergessen wird:
- Unendlich viele Stunden auf einem Roller durch Indonesien zu heizen, sogar total routiniert durch die chaotische Hauptstadt Balis.
- Einen Unfall erleben und dann tagelang traditionelle, balinesische Kräuterpampe auf die offenen Wunden aufgetragen bekommen.
- Ein Yoga-Retreat auf Bali machen und sich wie neu geboren fühlen.
- Unter 20 vorbeiziehenden Manta-Rochen und drei Mondfischen tauchen.
- Nachts in Bali mit den Dorfkids Oktopusbabys zu fischen, die anfangen zu leuchten, wenn sie unter Stress stehen.
- Durch Zufall mitten im Nirgendwo in Flores in eine Caci-Tanzkampf Performance geraten und dabei mit berauschender Betelnuss versorgt werden.
- In die Geheimnisse der schwarzen Magie Balis eingeführt werden.
``Es sind nicht alles Fische, die schwimmen. Manchmal ist es nur die dreckige Pampers zwischen den Korallen``
Natürlich ist Indonesien ein faszinierendes, eindrucksvolles und wunderschönes Land. Ein Fleck Erde, den wohl niemand mehr aus dem Herzen bekommt, wenn man einmal dort gewesen ist. Aber wie alles auf der Welt, hat auch dieses Land seine schlechten Seiten. Gerade als Frau muss man sich bewusst sein, das man eine "exotische" Frau in einem fremden Land ist und sollte, wie eigentlich überall, auf alkoholisierte Alleingänge und Motorrad-Taxis im Dunkeln verzichten.
Eine Freundin der 25-Jährigen ist einmal knapp einer Vergewaltigung entgangen. Melissa wurde auch schon belogen und betrogen und selbst im Krankenhaus schreckten die Ärzte nicht davor zurück, lieber mit ihr zu flirten, anstatt sie zu behandeln. Das sind natürlich nur Ausnahmen, die den Zauber des Landes nicht abwiegen. Melissa kehrt trotzdem immer wieder zurück. Denn schlimme Dinge können überall auf der Welt passieren.
Die Indojunkies to go!
All ihr Wissen und ihre Erfahrungen hat Melissa in den Blog Indojunkie gesteckt. Eine Herzensangelegenheit, die Neu-Indojunkies wichtige Tipps und Tricks zur Einreise, zum Aufenthalt und zur Finanzierung bietet. Obendrauf gibt es Geschichten von ihren Reisen, von Bekanntschaften mit den Einheimischen, aber auch viel Wissenswertes über die Geheimnisse und Probleme des Landes. Eben kein "normaler" Reiseführer.
Wem das allerdings noch nicht reicht, der kann das Wissen auch kompakt für unterwegs haben. Melissa hat letztes Jahr in Zusammenarbeit mit Petra Hess das Buch „Sulawesi – On The Road and Inside Indonesia“ herausgebracht. Ein riesen Erfolg - die gedruckte Ausgabe ist ausverkauft. Dieses Jahr startet für die beiden die Arbeit an der zweiten Ausgabe. Im Februar erscheint "122 Things To Do in Bali" und im Sommer "Der ultimative Surfguide für Bali".
Außerdem arbeiten die Indojunkies an einem Online-Reiseshop und, und, und ... Ach ja - im März geht es für Melissa auf eine "Workation" nach Marokko. Das heißt, es treffen sich zehn digitale Nomaden in einer Villa am Meer und leben, arbeiten und reisen zusammen. Ein Leben zum neidisch werden!
Zweifel?
Hat Melissa jemals an ihrem Lebensstil gezweifelt? Ihre Antwort darauf: Natürlich. Gerade wenn sie einmal wieder in Deutschland zu Besuch ist, wo jeder einen "vernünftigen" Job hat. Aber das Gefühl verschwindet zum Glück ganz schnell wieder. Sie hat ein wunderbares Leben, ihre Projekte laufen gut und allein die ganzen Erfahrungen, die sie gemacht hat, die kann ihr niemand mehr nehmen. Für den nötigen Ausgleich und Halt in diesem Leben, in das einfach nie Routine kommen wird, sorgt Yoga. Melissa sagt, es bringe sie zur Ruhe und gebe ihr Kraft.
Ein weiterer schöner Nebeneffekt: meist hilft es ihr all das Erlebte zu verarbeiten. Vielleicht hatte Melissa auch deswegen noch nie Heimweh?
Und was machst Du, wenn Du ``groß`` bist?
Melissas Lebensstil schreit förmlich nach der Frage, was sie denn eigentlich machen will, wenn sie einmal "groß" ist. Oder einfacher ausgedrückt: wo sie sich in zehn Jahren sieht? Die Antwort ist wunderbar und typisch zugleich. Durch das Einkommen, das ihr die vielen Projekte bringen, möchte sie sich nicht auf die faule Haut legen und das Leben genießen, sondern die freie Zeit dafür nutzen, mehr Dinge auf dieser wundervollen Erde zu verändern. Sich für eine bessere Welt zu engagieren und natürlich: Reisen. Mit einem großartigen Partner an ihrer Seite, der mit ihr und dem gemeinsamen Nachwuchs mit einem Bulli durch Südamerika reist. Eine wahre digitale Nomadin eben.
Melissas Leben ist ebenso beeindruckend wie inspirierend. Eine junge Frau, die ihr Leben lebt, so wie sie es sich wünscht. Die etwas verändern und besser machen wird. Ihre Geschichten lesen sich wie ein Abenteuer-Roman oder eine nicht enden wollende paradiesische Hommage an alles Leben auf dieser Welt. Zugegeben - jeder hat diese Tage, an denen man einfach schlecht gelaunt ist und vielleicht nicht einmal weiß warum. Melissa gab mir abschließend zu unserem Interview einen schönen Ratschlag:
``Kopf hoch, was auch immer passiert ist. Das Leben besteht einfach natürlicherweise aus Auf und Abs. Wie Ebbe und Flut. Regen- und Trockenzeit. Winter und Sommer. Voll- und Halbmond. Alles ist im stetigen Wandel. So auch unsere Laune.``
Danke für Deine wertvollen Ratschläge, liebe Melissa. Manchmal tut es vielleicht gut sich seinen Emotionen hinzugeben, sich anzupassen und ein wenig genügsamer mit uns selbst zu sein. Das Leben zu genießen, glücklich mit uns selbst zu sein und jeden Tag versuchen, diese Welt ein klein wenig schöner zu machen. Genauso wie Du.