Die Skandinavier haben einen exquisiten Geschmack, das steht außer Frage. Aber dass sie neben der ganzen Minimalismus-Kiste auch experimentelles Design sehr gut beherrschen, ist ein nicht ganz so verbreiteter Stereotyp: Dabei sind Labels wie Ninna York gerade zu prädestiniert für die große Bühne. Selbst Stars wie Madonna haben ihre Schmuckstücke schon bestellt.
In Sachen Schmuck traut man sich (endlich!), zu Experimentieren: Dabei geht es nicht immer nur um Schmuck, den man klassisch um den Hals, an den Fingern oder an den Ohren trägt. Make-Up Artist Pat McGrath schickte erst kürzlich Givenchy-Models mit aufwändig gearbeiteten Gesichtsverzierungen über den Laufsteg, bei denen es schwer fällt, zwischen Schmuck und Make-Up zu differenzieren. Und Choker-Necklaces, Body-Chains, Hand- und Ear-Cuffs haben schon längst Einzug in unsere Schmuckkästchen gefunden: Dabei ist es natürlich etwas anderes, ob man sich just for fun eine 5,99 H&M Bodychain gönnt und auf RiRi macht, oder mehrere hundert Euro in ein wirklich hochwertiges Designstück investiert. Die Dänin Ninna York macht mit ihren Arbeiten aber Lust auf genau das - und zeigt, dass extravagantes Schmuckdesign irgendwie schon fast Kunst ist: und somit definitiv eine Investition wert!
Die Dänin hat ihr Label 2011 gegründet, die Idee dazu hatte sie aber eigentlich schon während der Schulzeit: Eine Frau, die schon sehr früh wusste, was sie will. Und zwar: „Schmuckstücke zu entwerfen, die ästhetisch und qualitativ jahrelang halten. Das müssen Pieces sein, die man auch in zehn Jahren noch tragen will.“ Und diese Motivation glaubt man ihr sofort, vor allem auch deshalb, weil sie selbst ihre eigenen Arbeiten trägt: Die 32-Jährige zeigt, dass der eigene Maßstab die beste Motivation ist und dass sich Extravaganz und Schlichtheit keineswegs ausschließen, sondern ergänzen, ja, einander irgendwie sogar bedingen. Exzentrik heißt eben nicht immer, an den Grenzen des guten Geschmacks entlang zu schrammen: Manchmal reicht es, ein paar Dinge ein bisschen anders zu machen.
Freshme: Ninna, wie hat das angefangen, mit deinem eigenen Label? Wann hast du gewusst, dass du das jetzt durchziehen willst?
Ninna: Recht früh, eigentlich! Irgendwann während der Schulzeit: Die Schule hat mich gelangweilt, ich habe es vermisst, kreativ zu sein und mich künstlerisch zu entfalten. Also bin ich 2006 von Århus nach Kopenhagen gezogen und habe Kurse belegt, um später mein eigenes Ding zu machen. Aber natürlich geht das nicht von heute auf morgen und ich habe dann erst mal eine richtige Lehre absolviert. Im Endeffekt hat es schon etwas gedauert, bis ich bereit für die Selbstständigkeit war!
Freshme: Und warum Schmuck?
Ninna: Du kannst dich so herrlich damit ausdrücken: Ein Schmuckstück verändert einfach deinen kompletten Look. Ich bin immer eher schlicht angezogen, trage seit Jahren das Gleiche: Schwarze Acne Boots, schwarze Jeans und schwarzer Rollkragenpullover, diese Einfachheit werte ich dann mit vielen Ringen und Ohrringen auf. Daneben fasziniert mich auch der handwerkliche Aspekt: In meinem Metier sieht man oft nicht, dass die Herstellung harte Arbeit bedeutet - und diese häufig ziemlich dreckig ist!
Freshme: Wie gehst du bei Entwerfen vor, arbeitest du mit Skizzen?
Ninna: Wenn mir die zündende Idee erst beim Arbeiten an der Werkbank kommt, dann arbeite ich oft einfach mal drauf los: Ich mag’s, wenn der Arbeitsprozess nicht zu geplant ist, wenn noch Raum für Freiheit und Spontanität bleibt. Manchmal kommen mir neue Ideen, während ich an einem Stück arbeite, es ist immer spannend zu sehen, wo das dann endet. Aber wenn mir jetzt zum Beispiel die Idee kommt, wenn ich nicht in der Werkstatt bin, dann skizziere ich sie natürlich schnell, damit ich sie nicht vergesse.
Freshme: Du sagtest Werkstatt: Wo produzierst du denn deine Stücke?
Ninna: Meine gesamte Produktlinie wird von mir in meinem kleinen Atelier in Sankt Peders Strawde 23 in Kopenhagen produziert. Ich teile mir den Arbeitsraum mit einer guten Freundin Josefine Smith: Ihr gehört das Label JR Smith Jewellery!
Freshme: Deine Arbeiten sind sehr architektonisch und industriell angehaucht, mit scharfen Linien und trotzdem sind sie sehr feminin: Hast du etwas in diese Richtung studiert?
Ninna: Eigentlich kommt meine ganze Inspiration aus dem Alltag: Alles, was ich sehe, inspiriert mich, vorrangig natürlich Architektur, wie du schon bemerkt hast. Ich habe ein paar Formen und Linien in meinen Stücken, die immer wiederkehren, die mich nicht so richtig loslassen: Da versuche ich dann, einen neuen Zugang zu entdecken und diese zu modifizieren. Mein Grundsatz ist dabei immer, dass ich etwas entwerfen möchte, was ich auch selber tragen würde. Ich sehe mich auch ganz klar in meinen eigenen Entwürfen.
Freshme: Vermutlich der beste Weg, als Designerin authentisch zu bleiben! Was sind deine Lieblingsmaterialien?
Ninna: Ich mag Silber sehr gerne, weil es sich gut und einfach verarbeiten lässt und man viel damit machen kann. Neuerdings experimentiere ich aber auch mit Gold, das Design wird dadurch einfach nochmal exklusiver, was ich liebe.
Freshme: Nachdem du alles selbst produzierst, nehme ich an, dass Nachhaltigkeit für dich auch ein Thema ist?
Ninna: Ja, Nachhaltigkeit ist beim Designen auf jeden Fall möglich: Ich kaufe meine Materialien nur bei jenen Händlern, bei denen der Produktionsprozess nachvollziehbar ist und die sich umweltpolitisch engagieren. Was natürlich noch dazu kommt ist, dass ich in der Herstellung kaum Abfälle produziere: Wenn ein Stück nichts wird, schmelze ich es einfach ein und fange von vorne an!
Freshme: Bislang hast du ja nur Damenschmuck produziert: Wie sieht denn die Frau aus, die Ninna York Schmuck trägt?
Ninna: Ich glaube, dass mein Schmuck von den unterschiedlichsten Frauen getragen werden kann: Das Alter meiner Kundinnen reicht von sehr jung bis sehr alt, das Alter ist also völlig unwichtig. Ich arbeite momentan auch an einer Männerkollektion, was eine ziemliche Herausforderung ist, aber mich total begeistert!
Freshme: Du wirkst wie eine Frau, mit der man über Kunst sprechen kann: Wer sind deine Lieblingskünstler? Kann man hier vielleicht sogar direkte Einflüsse feststellen?
Ninna: Ich liebe den dänischen Maler Tal R.: Seine Gemälde sind sehr bunt und irgendwie chaotisch, mit infantilen Elementen und Krakeleien: Meine Arbeiten sind da eigentlich das komplette Gegenteil, weil ich sehr klare Linien und Konturen in meinen Entwürfen habe. Aber trotzdem inspirieren mich seine Arbeiten sehr!
Freshme: Wenn Madonna nicht gerade an deine Tür klopft, um sich Showpieces auszuleihen und du bis zum Hals in Arbeit steckst: Wie entspannst du dich?
Ninna: Ich liebe es, zu schwimmen! Da kann man einfach wirklich gut abschalten.
Freshme: Der cleane skandinavische Look ist ja im Moment extrem angesagt: Hast du einen Tipp für unsere Leserinnen, wie man das auch als Mitteleuropäer nachstylen kann?
Ninna: Ich halte mich selbst eigentlich nicht für eine besonders trendige Person und wie gesagt, meinen Signature Look trage ich schon seit Jahren. Ich glaube, der nordische Style lässt sich als „Einfachheit, mit gewissen Ecken und Kanten“ beschreiben: Ich bleibe meinem Stil immer treu, pimpe schlichte Outfits einfach mit ausgefallenem Schmuck - und trage dazu immer bunten Lippenstift!
Freshme: Hast du einen Lieblings-Duft?
Ninna: Auch da bleibe ich klassisch: CK One von Calvin Klein!
Freshme: Zum Schluss habe ich noch eine Frage, die die Zukunft betrifft: Für wen würdest du gerne mal Schmuck designen?
Ninna: Ganz klar: Alexander Wang!
Ninnas Schmuck ist bei ausgewählten Händlern erhältlich (z.B. Wald Berlin) oder in ihrem Online-Shop: ninnayork.com