Kennst du die Serie „Shopping-Queen“ mit Guido Maria Kretschmar und seinen liebenswerten und unverschämt ehrlichen Kommentaren? Zu Beginn jeder Sendung zeigen die Teilnehmerinnen den Zuschauern ihren Kleiderschrank bevor sie sich auf Shopping-Tour begeben. Egal ob begehbarer Kleiderschrank oder minimalistische Stange, von schlimmen Modesünden bis heißgeliebten Schmuckstücken ist alles dabei. Meist werden 1-2 Lieblingsoutfits angezogen und präsentiert.
Für mich ist diese Sequenz fast das Highlight der Sendung. Es ist einfach so erfrischend, wenn die siebzig-jährige Omi, die gerade noch Kaffee und Kuchen bereitgestellt hat, plötzlich ultra-hippe Lederhosen aus ihrem Schrank zieht. Da staunt auch Guido! Werden Outfits mit Fremdschäm-Garantie präsentiert, kann man sich oft an die eigene Nase fassen. Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich Kombinationen anhatte und mit prüfenden Blick in den Spiegel als absolut trendy empfunden hatte. Habe ich mich dann allerdings später mal auf Bildern entdeckt, hätte ich mich am liebsten hinter dem Sofa versteckt.
Warum fand ich diesen schrecklichen Lederrock nochmal so toll? Meistens ist es aber auch so, dass man von den Kandidatinnen lernen kann. Da präsentiert eine Frau das klassische Schwarze mit Slip-Ons und Nietengürtel. Auf so eine Idee wäre man selbst vielleicht gar nicht gekommen und „Schwupps“ gibt's eine neue Inspiration für die eigenen Outfits.
Am schönsten ist es jedoch, wenn Kleidungsstücke richtige Geschichten erzählen. Da zeigt eine Studentin ihren Glücksbringer-Rock, ohne den sie keine Prüfung schreibt oder die Bankkauffrau verrät, dass sie Styling-technisch ein Doppelleben führt. Denn privat trage sie eigentlich richtig gerne ein mädchenhaftes Tüll-Kleid im Manga-Style. Besonders interessant fand ich die Story über ein weißes Spitzenkleid, welches schon mehrere Generationen überdauert hat. Gekauft wurde es in den 50er Jahren zu einer Verlobung. Dann wurde es zu Abschlussbällen und Konzerten ausgeführt, wurde von der Schneiderin abgeändert und schließlich längere Zeit auf den Speicher verbannt. Von der jüngsten Enkeltochter neu entdeckt, erlebt es jetzt sein Revival und darf mit auf hippe Festivals. Jede Faser dieses Kleidungsstücks könnte ein anderes Erlebnis erzählen.
Ein kleiner Brandfleck am Spitzensaum oder ein Loch unterm Ärmel erinnern an erste Küsse, nächtliches Davonstehlen, das schlechte Abschlusszeugnis…. Wenn man so ein Kleidungsstück in den Händen hält, spürt man richtig die Magie der Zeit. Ich habe zum Beispiel eine kleine Gürtelsammlung von meiner Omi übernommen. Richtig auffällige Exemplare sind dabei mit Glitzerschnallen und sogar ein Designerstück. Für mich ist es jedes Mal etwas Besonderes, die Teile tragen zu dürfen, schon allein wegen der Einzigartigkeit. Denn meinen Goldgürtel tragen nicht auch noch 5 andere Mädels auf der Party, nur weil er grad bei H&M im Schlussverkauf ist.
Natürlich sind es nicht nur die alten Erbstücke, die einen Kleiderschrank besonders machen. Da gibt es Designer Taschen, auf die ewig gespart worden sind. Man hortet silberne High-Heels, die man zum Abschlussball getragen hat. Dann gibt es das rote Kleid, welches zum ersten Treffen mit dem Freund getragen wurde. Ich möchte behaupten, dass sich mit vielen Stücken in unseren Schränken eine Erinnerung verknüpfen lässt. Ich habe zum Beispiel dunkelblaue Ankle Boots seit Jahren im Kleiderschrank stehen. Getragen werden sie selten, weil der Absatz so wahnsinnig unbequem ist.
Warum ich sie aufbewahre? Weil sie mich an einen meiner ersten Urlaube ohne Eltern erinnern, die Aufregung, die Abenteuer und das kleine Geldproblem, das ich wegen den Schuhen dann hatte ;-). Ein Kleiderschrank ist doch fast wie ein Poesie-Album mit lauter gesammelten Erinnerungen.
Zudem können sie wirklich wahre Schatzkammern sein, die über einen Menschen mehr aussagen, als so manches Facebook-Profil. Keine Rüschenkleider, aber viele Hosen mit Taschen? Eine sportliche Person, die es praktisch mag. Über 20 weiße Blusen und schwarze Anzughosen? Ganz klar eine Business Frau. Mal abgesehen von den Stereotypen…Welche Farben dominieren den Schrank? Eher Billig-Fummel oder teure Designer-Stücke? Eine wahre Schuhsammlung oder Berge an Handtaschen? Nach Farben geordnet oder lieber kreatives Chaos?
Ich finde ja: Unzählige Aspekte und Geschichten kann ein Kleiderschrank über eine Person verraten. Seht ihr das genauso? Was sind eure ganz persönlichen Erlebnisse mit euren Kleidungstücken?
Autorin: Birte Lissner, BLOG | FACEBOOK | INSTAGRAM